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Blog Recht VII

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VOM RICHTIGEN UMGANG MIT DEM PROTOKOLL
Die Bedeutung des Protokolls und der korrekten Protokollierung wird häufig unterschätzt. Dabei dient das Protokoll nicht nur als Grundlage für Eintragungen im Handelsregister, sondern ist ein wichtiges Instrument zu Informations- und Kontrollzwecken und zur Beweissicherung.

Vor dem Hintergrund des Zwecks der Protokolle sind der Protokollführer oder die Protokollführerin gefordert, formell und inhaltlich rechtsgenügliche und zweckmässige Protokolle zu erstellen. Dazu ist ein Verständnis für die Rahmenbedingungen, Hintergründe und diskutierten Inhalte erforderlich. Protokolle dienen regelmässig als Informations-, Kontroll- und Beweisinstrumente. Hingegen kommt ihnen keine rechtsbegründende Wirkung zu. Beschlüsse der Verwaltung und der Generalversammlung sind auch dann gültig und verbindlich, wenn sie nicht oder nicht korrekt protokolliert wurden.
 

Pflicht zur Führung von Protokollen

Das Genossenschaftsrecht verpflichtet die Verwaltung zur Führung ihrer eigenen Protokolle und derjenigen der Generalversammlung (Art. 902 Abs. 3 Ziff. 1 OR). Weitere Vorschriften zur Protokollführung sucht man im Genossenschaftsrecht vergeblich. Zur Orientierung können die Vorschriften des Aktienrechts hinzugezogen werden, die für die Protokollierung der Generalversammlung (Art. 702 OR) und der Sitzungen des Verwaltungsrats (Art. 713 Abs. 3 OR) Mindestvorschriften enthalten. Ausserdem kennt auch die Handelsregisterverordnung Vorschriften und schreibt beispielsweise für jede Rechtsform vor, dass über einzutragende Tatsachen, die auf Beschlüssen oder Wahlen von Organen beruhen und die nicht öffentlich beurkundet werden müssen, ein Protokoll (oder ein Protokollauszug) eingereicht werden muss, es sei denn die Anmeldung an das Handelsregisteramt werde von sämtlichen Mitgliedern des Organs unterzeichnet (Art. 23 HRegV).
 

Inhalt

In Anlehnung an den vom Aktienrecht vorgeschriebenen Mindestinhalt für die Protokolle der Generalversammlung (Art. 702 OR) sollte das Protokoll der Genossenschafts-Generalversammlung mindestens folgende Angaben enthalten:

1.     Datum, Beginn und Ende sowie Art und Ort der Generalversammlung

2.     Anzahl der vertretenen Stimmen

3.     Beschlüsse und Wahlergebnisse

4.     gegebenenfalls die in der Generalversammlung gestellten Begehren um Auskunft und die darauf erteilten Antworten

5.     gegebenenfalls die von Mitgliedern zu Protokoll gegebenen Erklärungen

6.     gegebenenfalls relevante technische Probleme, die bei der Durchführung der Generalversammlung auftreten.

Protokolle der Generalversammlung sind innert 30 Tagen zugänglich zu machen.
 

Protokolle der Verwaltung sollten in Anlehnung an das Aktienrecht (Art. 713 Abs. 3 OR) Ausführungen über Verhandlungen und Beschlüsse der jeweiligen Sitzung enthalten. Während es bei Protokollen der Generalversammlung folglich reicht, Beschlüsse und Wahlergebnisse festzuhalten (sog. Beschlussprotokoll), müssen die Protokolle der Verwaltung zusätzlich Auskunft geben über die geführten Diskussionen. Ein Wortprotokoll wird dabei nicht verlangt, allerdings sollte nachvollziehbar sein, welche Erörterungen und Abwägungen die Verwaltung vor dem eigentlichen Beschluss gemacht hat. Regelmässig enthalten die Protokolle der Verwaltung zudem Angaben zu Datum, Zeit, Ort und Dauer, zu Teilnahme und Entschuldigungen (inkl. allfälliger Gäste), zu den Adressaten des Protokolls und zu Unterlagen und Anhängen.

Sowohl das Protokoll der Generalversammlung als auch das Protokoll der Verwaltung sind vom Protokollführer und vom Vorsitzenden zu unterzeichnen und werden regelmässig mit dem Datum der Erstellung versehen.
 

Urkundeneigenschaft

Soweit das Protokoll Grundlage für einen Eintrag im Handelsregister bildet, kommt ihm strafrechtliche Urkundeneigenschaft zu (BGE 120 IV 199). Ein inhaltlich unrichtiges Protokoll kann folglich den Straftatbestand eines Urkundendelikts (Urkundenfälschung, Falschbeurkundung, Erschleichen einer falschen Beurkundung) erfüllen und mit Freiheitsstrafe oder Geldstrafe (inkl. Eintragung im Strafregister) bestraft werden.
 

Informationsinstrument

Eine praktisch wichtige Funktion des Protokolls ist die Information über die geführten Diskussionen, deren Grundlagen und die entsprechenden Beschlüsse. Diese Informationen dienen sowohl dem einzelnen Mitglied der Verwaltung ‑ insbesondere dann, wenn es an der entsprechenden Sitzung nicht teilnehmen konnte ‑ als auch der Genossenschaft selbst. Protokolle erleichtern beispielsweise auch die Aufarbeitung einer Angelegenheit, die Dokumentation und Sammlung von Know-how, die Beurteilung der Arbeit oder Zusammensetzung der Verwaltung oder den historischen Rückblick. Jedes Mitglied der Verwaltung hat das Recht zu verlangen, dass seine Anträge, Äusserungen und Stimmabgaben explizit im Protokoll aufgenommen werden.
 

Kontrollinstrument

Das Protokoll ermöglicht die Kontrolle über den Vollzug der Beschlüsse von Generalversammlung und Verwaltung. Eine zuverlässige Protokollierung hilft der Verwaltung, die Sitzungen gezielt nachzubearbeiten. Hilfreich für die effiziente Erfüllung der Kontrollfunktion ist zudem das Führen einer Pendenzenliste, die dem Protokoll beigefügt und ständig nachgeführt wird. Im Weiteren kann das Protokoll auch der Qualitätskontrolle der Arbeit der Verwaltung dienen (Präsenz, Einbringen und Aufgabenerfüllung der einzelnen Mitglieder, Einhaltung des Sitzungskalenders, Behandlung stehender und regelmässiger Traktanden etc.).
 

Beweisinstrument

Als Beweisinstrument dient das Protokoll als Nachweis für geführte Diskussionen, getroffene Abklärungen, geäusserte Meinungen und gefasste Beschlüsse. Es bildet die Grundlage für Eintragungen im Handelsregister (Protokollauszug genügt) und dient in Verantwortlichkeitsprozessen (Haftungsprozessen) als Grundlage für die Beurteilung allfälliger zivil- oder strafrechtlicher Pflichtverletzungen. Gerade im Hinblick auf allfällige Haftungsfragen ist es für das einzelne Mitglied der Verwaltung unter Umständen ratsam, seine Vorbehalte bezüglich gewisser Entscheide ins Protokoll aufnehmen zu lassen. Schliesslich ist das Protokoll auch gegenüber Dritten (z.B. Banken) und Behörden Beweis für die entsprechenden Beschlüsse der Generalversammlung oder der Verwaltung.

Die sog. “Business Judgement Rule” besagt, dass sich Gerichte Zurückhaltung auferlegen bei der nachträglichen Beurteilung von Geschäftsentscheiden, die in einem einwandfreien, auf einer angemessenen Informationsbasis beruhenden und von Interessenkonflikten freien Entscheidprozess zustandegekommen sind. Hauptbeweismittel dafür, dass diese Regeln eingehalten wurden und die Business Judgement Rule zur Anwendung kommt, sind – sollte es zu einem Verantwortlichkeitsprozess kommen - die Protokolle der Verwaltung. Die Anwendung der Business Judgement Rule führt zwar nicht automatisch zur Abwehr der geltend gemachten Ansprüche, aber die Gerichte prüfen den Geschäftsentscheid nur zurückhaltend und nur, ob er aus der damaligen Perspektive objektiv vertretbar war.
 

Genehmigung und Aufbewahrung

Es ist üblich und empfiehlt sich, das Protokoll der Verwaltungssitzung jeweils zu Beginn der nächsten Sitzung genehmigen zu lassen. Damit erklärt sich die Verwaltung mit dessen Inhalt einverstanden, oder es können allfällige Unklarheiten diskutiert und ausgeräumt werden. Protokolle gehören zu den Geschäftsbüchern und sind deshalb während mindestens zehn Jahren aufzubewahren. Für die Protokollaufbewahrung ist die Verwaltung verantwortlich.

 

 

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